Kinder-Reha Tag 16 – Veganes Essen in der Rehaklinik
Ja, ich weiß, es ist nach wie vor speziell. Zumindest außerhalb Berlins ist veganes Essen immer noch eine eher komische Sonderart von alternativen Großstädtern. Ich habe mich auf das vegane Essensabenteuer hier in Thalheim eingelassen und bin positiv überrascht, wie freundlich unkompliziert gerade die Angestellten der Mensa auf meine täglich wiederkehrende Frage reagieren.
Ist das vegan?
Eigentlich hasse ich diese Frage ja. Ich möchte niemanden mit meiner persönlichen Entscheidung, vegan zu essen auf die Nerven gehen oder Mehrarbeit für jemanden verursachen. Daher vermeide ich es tunlichst genau diese obige Frage stellen zu müssen. In Berlin ist veganes Essen so normal wie Kaffee und Kuchen bei meinen Eltern im Rheinland. Kein Hahn kräht danach. Es gehört einfach dazu, ohne dass jemand danach fragt. Das kommt halt auf den Tisch, ob man will oder nicht.
Außerhalb Berlins tickt die vegane Welt allerdings anders. Allein die Frage nach Hafermilch, ja meinetwegen auch zähneknirschend Sojamilch, beim Bestellen eines Kaffees, ist in vielen Orten schon schwierig. In Thalheim ist allein der Coffee to Go kaum auffindbar. Daher erübrigt sich die Frage von allein.
Vegetarisch ja, Vegan vielleicht?!
Meine Vorabrecherche, ob in der Kinder-Rehaklinik in Thalheim auch veganes Essen angeboten wird, verlief ohne Treffer. Vegetarisch ja, vegan blieb unerwähnt. Am Tag unserer Ankunft, fragte ich kurzerhand an der Rezeption nach, ob es ganz eventuell auch vegane Optionen geben würde. Im tiefsten erzgebirgischem Dialekt kam prompt ein “Da fragen sie mal bei der Küche nach. Hier kann ich ihnen keine Antwort geben.” Das war kein nein, aber auch kein ja. In meinem Kopf keimt so etwas wie Hoffnung auf. Das Bild von schwarzem Kaffee und trocken Kartoffeln und Brot macht zaghaft Platz für Hafermilch und leichte vegane Alternativen. Man kann ja mal optimistisch sein.
Einfach fragen
Erstes Mittagessen in der Reha-Mensa. Es gibt die Wahl zwischen Geschnetzeltem oder vegetarischer Currypfanne. Ich nähere mich der Essensausgabe und frage leise aber als wahrscheinlich einziger Veganer weit und breit sehr mutig, ob das Curry vielleicht zufällig auch vegan sei. Direkt gefolgt von einem “Aber vegetarisch geht auch schon irgendwie.” inklusive leicht aufgesetztem Lächeln, das meine Frage eventuell etwas verdaulicher für mein Gegenüber macht. Die prompte Antwort überrascht:
“Ich habe veganes Curry mit Kürbis für sie. Ich hol es eben. Und dann mache ich ihnen die nächsten Wochen eine vegane Variante. Einfach fragen. Dann klappt das schon.”
Ich könnte den Koch umarmen. Mein breites Grinsen spricht Bände. Selten habe ich mich so sehr über veganes Essen gefreut wie jetzt in diesem Moment. Ich muss mich die nächsten vier Wochen nicht ausschließlich von Gurkenbrötchen ernähren!
Happy Vegan in Talheim
Die nächste Tage schlemme ich mich pünktlich zur Mittagszeit durch die veganen Gerichte der Reha-Mensa. Rahmspinat mit Sojasahne, Couscous Pfanne mit Bohnen und Linsen, gefüllte Zucchini mit Kürbiskernrahmsauce, Gnocchi mit Tomatenragout, Gemüsebratlinge mit Paprikareis. Es mag nicht wie das hippe, vegane Berliner Essen aussehen, dafür schmeckt alles fantastisch.
Und täglich grüßt die Veganerin
Nach ein paar Tagen brauche ich schon nicht mehr fragen. “Sie waren doch vegan oder?” wird gefragt bevor ich überhaupt den Essensplan angeschaut habe. Ein paar weitere Tage später wird beiderseits nur noch stumm genickt und gelächelt sobald ich vor der Essensausgabe stehe. Ein kurzer Gang des Mitarbeiters in die Küche und zurück kommt ein voller Teller mit veganen Köstlichkeiten. Selbst morgens gibt es nun bei der Besteckausgabe vegane Gemüseaufstriche und auch veganen Aufschnitt für mich. Für einen kurzen Moment legte mein Sohn sogar seinen Schokoaufstrich zur Seite, um sich mit mir durch Tomate-Basilikum und das Paprika Trio durchzuschlemmen.
Jeden Tag kratze ich meinen Teller leer und bin ein Happy Vegan in Thalheim ❤