Ergo und Logo – Endlich ♥
Wir stellen gerade viele Therapien um. Musiktherapie geht, Ergotherapie und Logopädie kommen. Und die Einzelfallhilfe plus Ergo-Babysitterin runden den Therapiemix für unsere fast 5-Jährige mit Jansen-de Vries Syndrom ab. Es geht wild her in unserem Familienkalender. Vieles wird umstrukturiert, neu geplant, hin- und hergeschoben, rot, blau und grün markiert. Es ist viel. Sehr viel! Und doch freue ich mich auf all das, was da in Zukunft kommen mag. Lucy hat in den letzten Jahren hart gearbeitet, um nun endlich, mit fast fünf Jahren mit der Ergotherapie und Logopädie anfangen zu können. Und dann poppt da dieser Satz in meinem Kopf auf. “Ergotherapie ist für behinderte Kinder.” Zitat unseres alten Kinderarztes, als wir mit einer 1,5-jährigen Lucy, all unserer Bedenken, unserem komischen Bauchgefühl, dass irgendetwas einfach nicht stimmt, in seiner Praxis standen und fragten, ob Ergotherapie eventuell etwas für sie wäre.
“Für behinderte Kinder”
Wir wechselten daraufhin den Kinderarzt. Der Satz hatte gesessen. So sehr, dass er noch heute in mir nachhallt. Damals eher in einer verstörenden Weise, da ich einfach nicht wusste, wie ich den Satz einordnen sollte. Klar irgendwie versuchte er uns wohl zu beruhigen und indirekt zu sagen, dass unsere Tochter nicht behindert sei. Zeitgleich passte das aber alles nicht zusammen. Sie war anders. Nichts schien richtig. Man sah ihr keine Behinderung an. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Aber etwas stimmte schlichtweg nicht. Und das sah unser alter Kinderarzt nicht. Er nahm unsere Bedenken nicht ernst.
Das Bauchgefühl
Heute, an dem Tag, an dem Lucy endlich mit ihrer Ergotherapie anfangen darf, bin ich stolz. Stolz auf sie, aber auch stolz auf uns Eltern. Wir haben auf unser Bauchgefühl gehört. Haben uns über den Kinderarzt hinweggesetzt, einen anderen gesucht und am Ende endlich die Unterstützung bekommen, die wir, die Lucy brauchte.
Heute weiß ich, dass Ergotherapie nichts mit behinderten Kindern zu tun hat. Dass viele Menschen zu wenig darüber wissen, was eine Ergotherapie macht, wie sie hilft und wem sie hilft. Ich wusste es genauso wenig, als ich den Satz von Kinderarzt hörte. “Für behinderte Kinder.” Eigentlich dreist so etwas in den Raum zu werfen. Nicht nur den Menschen gegenüber, die in seinen Augen behindert sind, sondern auch einer Lucy und all den anderen Kindern mit auf den ersten Blick nicht sichtbaren Beeinträchtigungen.
Der Alltagshelfer in jeder nur erdenklichen Situation
Ergotherapie ist für uns ein extrem wichtiger Bestandteil, eine Stütze und enorme Hilfe in nahezu allen Alltagssituation unserer Familie. Es geht um Dinge wie Anziehen oder auch Essen, Verhalten gegenüber anderen Kindern, Frustrationstoleranz, Konzentration, Aufmerksamkeit und so vieles mehr. Unsere Ergo-Babysitterin, die jedes Wochenende drei Stunden Teil unserer Familie ist, hilft in jeder für uns schwierigen Situation. Was sollen wir tun, wenn Lucy wieder Kinder aus dem Nichts umschubst? Wie reagieren wir, wenn sie ihren Bruder tritt, haut, an den Haaren zieht und er das einfach über sich ergehen lässt? Wie, wann und überhaupt können wir sie von den Windeln wegbekommen? Wie bekommen wir ihre Angst vor der Zahnbürste und der Dusche in den Griff? Nichts davon steht in den klassischen Elternratgebern. Nichts davon können dir andere Eltern erklären. Denn Lucy ist nun mal anders. Sie tickt anders. Sie denkt anders. Unsere Ergo-Babysitterin hat immer eine Idee, einen Plan und setzt den mit uns zusammen in die Tat um. Das ist Arbeit für uns aber auch Lucy. Es ist anstrengend und kräftezehrend. Aber am Ende des Tages verändern wir alle unser Verhalten, arbeiten an uns, sodass wir zusammen auf einen Nenner kommen, der funktioniert.
Neue Möglichkeiten
Für behinderte Kinder. Pah! So ein Quatsch. Ergotherapie bedeutet viel Arbeit an sich selbst. Unterstützung bei alltäglichen Dingen, die vielleicht nicht so einfach von der Hand gehen, wie bei manch anderen Menschen. Es ist Hilfe, die etwas um die Ecke denkt, um Dinge zu vollbringen, die manch einer als simpel ansieht. Die aber für jemanden wie Lucy schwer sind oder gar unerreichbar scheinen. Ohne die vielen Ideen, Herangehensweisen der Ergotherapeuten wären wir häufig mit unserem Latein am Ende. So sehen wir aber auf einmal Möglichkeiten, die vorher nicht denkbar waren.
Wir freuen uns auf das, was da in den nächsten Monaten, Jahren passieren mag. Wir sehen wie viel Arbeit diese Therapien für Lucy bedeuten. Und wir sind stolz wie Bolle auf jeden kleinen Meilenstein, den sie erreicht.